Veronika Dehnhard

 

 

An das Bundesministerium für Wirtschaft

und Technologie

Scharnhorststr. 34

10109 Berlin

                                                                                                                                                                                                              Berlin 9. November 2007

 

Betr.: Gesetzentwurf zum öffentlichen Beschaffungswesen

 

Sehr geehrter Herr Minister!

 

In Ihrem Haus wird zur Zeit ein Gesetzentwurf zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorbereitet. Ich möchte Ihnen dazu Folgendes zu bedenken geben:

Ein Mitarbeiter Ihres Hauses plädierte dafür, jeweils das kostengünstigste Angebot anzunehmen. Damit könnte der Staat viel Geld sparen. Das hieße aber doch, dass damit keine Rücksicht auf Umweltverträglichkeit und Sozialstandards genommen würde.

Mich erinnert das fatal an die Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Staat. Auch dort mussten für deutsches Wohlergehen Menschen 10 bis 12 Stunden am Tag arbeiten und bekamen nicht einmal genug zu essen. (An Umweltschäden hat man damals noch nicht gedacht. Wohl aber hat man  Arbeiter und Arbeiterinnen, z.T.  giftigen Dämpfen ohne Schutz ausgesetzt.)

Natürlich ist es verlockend, billig einzukaufen. Wir wissen aber alle, dass die Billigangebote oft unter menschenunwürdigen Bedingungen und zu Löhnen unterhalb des Existenzminimums hergestellt werden, obwohl diese Länder offiziell auch Vorschriften zu Mindestlöhnen und Arbeitsbedingungen haben. Aber diese werden oft nachweislich nicht eingehalten.

 

Wir sind eins der reichsten Länder der Welt. Sind wir denn nicht in der Lage – oder sind wir nicht willens –, Güter einzukaufen, die unter fairen Bedingungen und umweltverträglich hergestellt  wurden?

Wenn wir, die wir es uns leisten können, nur Produkte einkauften, die ohne Arbeitsrechts- und Menschenrechtsverletzungen, ohne ausbeuterische Kinderarbeit und umweltverträglich hergestellt wurden, so wäre das ein Meilenstein in den internationalen Beziehungen. Auf dem Markt hätten nur noch Firmen eine Chance, die für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sorgen. Das wäre ein höherer Beitrag zur Entwicklung eines Landes als manche Entwicklungshilfe. Und es würde zeigen, dass wir die anderen Völker achten. Das täte nicht nur dem Ansehen Deutschlands in der Welt gut. Sondern es wäre auch langfristig gesehen ein Beitrag zum Frieden.

Manche Menschen, wahrscheinlich auch Politiker, halten die Einforderung von Umwelt- und Sozialstandards beim öffentlichen Beschaffungswesen für unrealistisch. Das ist es aber nicht.  Die Stadt Neuss hat ein Beispiel gesetzt. Es gibt auch Ansätze dazu in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Spanien. Sind wir schlechter als unsere Nachbarn? Hoffentlich bald nicht mehr.

 

Ich bitte Sie ganz dringend, im Gesetzentwurf die Einhaltung von Arbeitsrechten, Sozialstandards und Umweltverträglichkeit zwingend vorzuschreiben.

 

Mit freundlichen Grüßen